"Original und Fälschung" oder "Finde den Unterschied"
Erstellt am Donnerstag, 29. November 2012
Geschrieben von Klaus Busse
Neu zusammengestellt und kommentiert im November 2012 von Klaus Busse, Bochum.
Das Bilderrätsel "Original und Fälschung" ist - in vielen Abwandlungen - wohl allgemein bekannt. Was haben nun die LBE und ihr Stromlinien-Doppeldeckzug von 1936 damit zu schaffen? Die nachfolgenden Gegenüber-stellungen Die nachfolgend gezeigten Fotos könnte man aber ebenso mit der Aufforderung „Finde den Unterschied“ präsentieren!
Im Laufe der Zeit hat der Autor dieser Zeilen drei weitere Versionen zu der bereits vor längerer Zeit in diesem Forum erstmals veröffentlichten Postkarte vom glänzend-neuen LBE-Doppeldeckzug gefunden bzw. erhalten. Es erschien dem Autor und den Machern dieses Forums wichtig, den Lesern die Details dieses, vermutlich von einem Pressefotografen gemachten Fotos wie auch seine Bearbeitung und Vermarktung näher zu bringen, haben wir diesen Beitrag noch einmal neu zusammengestellt.
Am Anfang war – wie schon gesagt – das zeitgenössischen Postkartenbild mit einem Werbetext zum neuen Doppeldeckzug der Lübeck-Büchener Eisenbahn. Einige Zeit später fand der Autor beim Blättern in einem Buch über die Stromlinien-Lokomotiven in Deutschland, einem Werk des bekannten Autors Dr. Alfred Gottwaldt, ein Foto, das dem Postkartenbild sehr ähnelt, in Details jedoch eine Menge Unterschiede zeigt. Herr Gottwaldt wiederum, der der Veröffentlichung des Fotos aus seinem Buch gestattete, fand in seinem Fundus eine weitere Postkarte mit dem bereits bekannten Motiv, welche er zur Gegenüberstellung zur Verfügung stellt. Schließlich fand sich eine vierte Bildfassung bei einem Sammler, den der Autor bei der Identifizierung seiner Bilder beratend unterstützt.
Auf diese Art und Weise können wir nun zeigen, wie das ursprüngliche Foto für die kommerzielle Nutzung verändert und den jeweiligen Bedürfnissen angepasst wurde.
Zunächst die Gegenüberstellung des Fotos aus dem Buch bzw. der Sammlung von A.Gottwaldt , Berlin,
zu einer bearbeiteten Fassung dieses Fotos aus der Sammlung von Norbert Bartel, Köln.
Bei genauerer Betrachtung des Fotos aus der Sammlung Gottwaldt hat sich gezeigt, dass es sich hierbei um einen Abzug der Ursprungsfassung handeln müsste. Und der in dieser Bildfassung dokumentierte Inhalt verrät uns dann auch das Datum der Aufnahme: den 7.April 1936. Dies ergibt sich durch den Girlanden- und (zeitgenössischen) Fähnchen-Schmuck, der von anderen Fotos von der Pressefahrt zur Vorstellung des neuen Doppeldeck-Zugs der LBE am 7.April 1936 bereits bekannt war.
Die zweite Bildfassung zeigt deutliche Unterschiede. Insbesondere der Glanz der neuen Stromlinien-Fahrzeuge beeindruckt den Betrachter ungemein! Hier hat der Retoucheur ganze Arbeit geleistet, so gut, dass auch der Fachmann zunächst glauben könnte, dass der ganze Zug im Neuzustand tatsächlich so spiegelnd geglänzt habe! Erst ein paar kleinere Abweichungen im Zustand der Lok von dem aus Großaufnahmen bekannten Lieferzustand der Lok 1 der LBE machen stutzig. Das verlangt nach dem Vergleich mit dem Abzug der Ursprungsaufnahme.
Was hat der Künstler, der hier die Bildbearbeitung vorgenommen hat, nun alles verändert? Erkennbar wird, dass das Ergebnis eher den Bahn-Alltag zeigen sollte, weshalb also zunächst alle Zeichen der Sonderfahrt verschwinden mussten: Girlanden und Fähnchen sind weg! Andererseits aber sollte das Besondere, die glatte Haut des Stromlinien-Designs dieses neuen Zuges auch hervorgehoben werden: das wird nun durch den Spiegelglanz der Lok und die Aufhellung des Zuges betont, was dem Künstler insbesondere bei der Lok, deren Nummer „1“ ebenfalls deutlich hervor gehoben wurde, wie ich finde, wirklich überzeugend gelungen ist! Aber hier sind ihm auch ein paar kleine „Fehler“ unterlaufen, die die Bildbearbeitung offenbaren: an erster Stelle sind die Lampen zu nennen, die plötzlich wieder über den Puffern liegen genau an den Stellen, wo doch die runden Abdeckungen in der Verkleidung liegen. Dagegen sind die extra tief unter den Puffern angeordneten Scheinwerfer nun nicht mehr zu erkennen. Auch ist an der Aufstiegsleiter an der Lokfront der unterste Trittbügel „verloren gegangen“ sowie auch der Handgriff an der Kesselverkleidung, ohne den das Personal kaum den Umlauf hätte erklimmen können.
Weitere Änderungen sind wieder in voller Absicht geschehen, so die Herausarbeitung der Konturen an der Front der Stromlinienlok und das Entfernen der Loklaternen-Blende mit dem Rangierlok-Kennzeichen „B“ an der 78 506, die auf die Art nun wieder die klassische Lok des Hamburger Nahverkehrs repräsentiert.
Die schönen Licht- und Schatten-Kontraste wie auch das Nebeneinander von „alter und neuer Bahn“ auf diesem Bild waren schließlich sicher der Anlass, genau dieses Bild als Grundlage einer Postkarte mit einem Werbetext für die LBE heran zu ziehen. Der Erfolg dieses neuen, fortschrittlichen Verkehrmittels, der offenbar auch die LBE-Führung – trotz der intensiven Vorbereitung und Pressekampagne – über-rascht hat, wollte von den Besuchern der größten deutschen Hafenstadt auch Bekannten und Verwandten mitgeteilt werden – und das geht doch am besten mit einer schönen Karte.