Vor 75 Jahren: Generaldirektor Dr. Heinrich Ott geht in den Ruhestand

His Glanzzeit Bild 08Erstellt am Donnerstag, 17. November 2011
Geschrieben von Melchior Leiß

Dr. Heinrich Ott wurde am 16. Februar 1870 in Fulda geboren. Er absolvierte erfolgreich ein Jura-Studium foto dr.ott 125und kam im Jahre 1898 in die Dienste der Pfälzischen Eisenbahn. 1909 wechselte er in die Verwaltung der Bayrischen Staatseisenbahn.  Am 1. März 1910 trat er in den Vorstand der LBE ein, dessen Vorsitz er am 1. Januar 1925 übernahm. Damit ist deutlich, dass Dr. Ott de größten Teil seiner beruflichen Tätigkeit der Lübeck-Büchener Eisenbahn widmete - in Zeiten größter Entwicklung, aber auch größter Herausforderungen. Heute vor 75 Jahren wechselte er planmäßig in den Ruhestand.

Im Geschäftsbericht der Lübeck-Büchener Eisenbahn für das Jahr 1936 heißt es wie folgt:

 

In ähnlicher Form wurde Dr. Heinrich Ott in der Verkehrstechnik, Heft 24 vom 29.12.1936 gewürdigt:dr.ott 1 425dr.ott 2 425

 Der Abtritt von Dr. Ott von der LBE-Bühne fand in einer Zeit des Umbruches in zweifacher Hinsicht statt. Nachdem im Mai 1933 Oberbaurat Ferdinand Reeps durch seinen plötzlichen Tod als maschinentechnischer Dezernent  ausgeschieden war, trat mit seinem Nachfolger Baurat Paul Mauck ein Mann von unbändiger Innovationskraft die Nachfolge an. Die Entwicklung der Stromlinien-verkleideten Doppeldeckzüge - wie es im damaligen Sprachgebrauch hieß - begann Mauck mit der offiziellen Verabschiedung des "Modernisierungsplanes" von 1933. Nur so konnte bereits im Mai 1936 nach atemberaubendem Projektverlauf die offizielle Inbetriebnahme erfolgen, ein halbes Jahr vor Ott's Pensionierung.

Der zweite Aspekt ist ein politischer: Dr. Ott war zwar (vermutlich) konservativ bis deutsch-national, aber kein Nationalsozialist. Nach 1933 erlebte das deutsche Eisenbahnwesen jedoch eine "Gleichschaltung" in massivster Form, so auch die LBE. In Lübeck war mit Dr. Drechsler im Sommer 1933 ein SA-Mann Bürgermeister geworden, und der gesamte Senat wurde mit NSDAP-Mitgliedern besetzt.; und der Einfluß des Senats auf die Besetzung des Direktoriums war traditionell groß. Ministerialrat Dr Kurt Wißmann (Verwaltung) verstarb im September 1934, Baurat Cyrus (Technik) trat ebenfalls 1934 aus Altersgründen zurück,  für Ersteren rückte Reichsbahnoberrat Kurt Nitschmann nach, dessen politische Ausrichtung nicht bekannt ist, mit Dr. Gerteis als Nachfolger von Letzterem wurde ein Dezernent des Reichsverkehrsministeriums Direktor, der 1936 in die NSDAP eintrat (wie übrigens auch Paul Mauck).

Fritz Klingholz - der Architekt der neuen Lübecker Bahnhöfe

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His Glanzzeit Bild 08Erstellt am Donnerstag, 07. Juni 2012

Im Jahre 1908 wurde der neue Lübecker Hauptbahnhof eingeweiht, rund vier Jahre später der neue Travemünder Strandbahnhof. Beide Neubauten basieren auf den Entwürfen des Architekten Professor Fritz Klingholz. Der 100-jährige Jahrestag der Einweihung des Strandbahnhofes bietet eine gute Gelegenheit, einmal das Leben und Wirken von Fritz Klingholz in einem weiteren Rahmen darzustellen.

Es muss hier angemerkt werden, dass Originalien aus seinem Wirken aufgrund des Zweiten Weltkrieges leider komplett verloren gegangen sind und damit im Familienbesitz fehlen. Trotzdem sind doch die wichtigsten biographischen Daten überliefert und viele Informationen sind auch aus öffentlichen Archiven verfügbar.

Fritz Klingholz wurde am 21.10.1861 in der damalige Stadt Barmen, ab 1929 dem gleichnamigen Ortsteil von Wuppertal, geboren. Seine Eltern waren der Kaufmann Friedrich August Klingholz und Emilie geb. Beckhoff. Die Familie war seit Anfang des 16. Jahrhunderts in Rittershausen, einem ehemaligen Ortsteil von Barmen, auf dem Gut Kemna ansässig.

Im Jahre 1870 wurde Klingholz in Bonn eingeschult und 1876 konfirmiert. Er besuchte die Realschulen in Barmen und Bonn, wohin die Familie verzog. 1879 legte er an der Realschule I. O. (Oberrealschule) Köln die Reifeprüfung ab.

Nach Absolvierung eines praktischen Jahres als Baueleve wurde er im Oktober 1880 an der TH Stuttgart im Fach Architektur immatrikuliert und wechselte zwei Jahre später an die TH Berlin. Nach bestandener ersten Staatsprüfung setzte er die Studien noch ein halbes Jahr fort und leistete anschließen Militärdienst in einem bayerischen Feldartillerie-Regiment ab.

Vom März 1885 bis Ende 1886 schloss sich eine Ausbildung zum Regierungsbauführer an. Danach folgte eine Tätigkeit in Düsseldorf (Um- und Neugestaltung von Bahnanlagen) bei der er im Mai 1889 von einem Baugerüst fiel. Er verlor das rechte Ellbogengelenk. Erst im Juli 1890 wurde er aus dem Krankenhaus entlassen.

1891 ging Klingholz nach Berlin zurück wo er im Februar 1892 mit Auszeichnung das zweite Staatsexamen als Baumeister ablegte. Anschließen reiste er für ein Vierteljahr in die Toskana. Danach war Klingholz bis April 1904 als Regierungsbaumeister im bautechnischen Büro des preuß­ischen Ministeriums für öffentliche Arbeiten zu Berlin zumeist mit Entwürfen von Eisenbahn-Hochbauten beschäftigt. Diese Tätigkeit wurde vom Anfang November 1893 bis Anfang Juni 1895 durch eine dreizehnmonatige Tätigkeit im Reichsdienst als stellvertreten­der Baudirektor im Kaiserlichen Gouvernement von Deutsch-Ostafrika und eine hierauf fol­gende halbjährige Studienreise durch Ostindien unterbrochen.

Im März 1902 erhielt er den Titel „Königlicher Landbauinspektor“, und im April 1905 wurde er als ordentlicher Professor an die TH Aachen berufen. Drei Jahre später folgte er einem Ruf an die TH Hannover und er nahm schließlich am 1. April 1911 einen Ruf an die TH Berlin an.

Im April 1911 heiratete er Anna Melitta Noack, die Tochter eine Berliner Möbelfabrikanten, und im April 1914 zog er mit seiner Familie, im März 1913 wurde das einzige Kind Friedrich geboren, in die von ihm entworfene Villa in der Künstlerkolonie Grunewald in Charlotten­burg-Heerstraße, Lyckalle 6 ein. Sein Partner bei vielen architektonischen Projekten, Karl Cor­nelius errichtet auf dem Nachbargrundstück ebenfalls eine Villa für seine Familie.

Trotz der Invalidität von Klingholz wurde er im März 1915 nach Eberswalde zum Militärdienst einberufen und hat in der Etappe in Russland Felddienst geleistet. Die dienstliche Beanspru­chung schädigte sein Herz-Kreislaufsystem und er wurde deshalb ein Jahr vor Kriegsende, zum Jahresende 1917, aus dem Militärdienst entlassen.

Im Juni 1914 erhielt er den Titel „Geheimer Regierungsrat“. Im Oktober 1920 erhielt er die „Würde eines Doktor-Ingenieurs ehrenhalber“ von der TH Aachen.

Aufgrund seines sehr schlechten Gesundheitszustandes wurde Klingholz nur 59 Jahre alt. Er starb am 22.01.1921 in den frühen Morgenstunden.

Soweit die Biographie:

Um Klingholz als Mensch zu charakterisieren soll hier aus einem Nachruf seines Architektenkollegen Bruno Schulz zitiert werden.

„Mit Fritz Klingholz ist ein Meister der Baukunst von uns geschieden, in welchem starke Kraft der Phantasie mit einer aus hoher Begabung und unermüdlichem Fleiß erwachsenen gleichartigen Beherrschung der Konstruktionen wie der Formen und Farben verbunden war. Er war aber auch, bei stattlicher äußerer Erscheinung, eine vorbildlich reich und harmonisch durchgebildete Persönlichkeit, die auf innerer Wahrhaftigkeit beruhend und Ernst mit Humor glücklich vereinend, von gleich feiner Empfindsamkeit für Lebens- und Umgangsformen war, wie sie seine Werke beseelt, eine Persönlichkeit voller Güte und Hilfsbereitschaft, die stets Licht und Wärme von sich ausgestrahlt hat und deren Andenken wie ein heller Stern in den Seelen aller derer fortleuchten wird, die das Glück gehabt haben, als Angehörige, Freunde, Amtsgenossen und Schüler im Leben mit ihm in näherer Verbindung zu sein.“ (Deutsche Bauzeitung, 65, S. 291, 1921).

Zeichnung Hbf 425
Die Entwürfe für die Lübschen Bahnhofsneubauten 1908 und 1912 waren natürlich nur ein kleiner Teil seines Lebenswerkes. Bereits aus der Biographie ist aber erkennbar, dass ihm Bahnhöfe ein besonderes Anliegen waren. Man sollte auch nicht vergessen, dass Bahnhöfe damals die "Kathedralen" der Architektur waren, vergleichbar heutzutage mit den internationalen Groß-Flughäfen!


Hier die Liste seiner wesentlichen Projekte im Zusammenhang mit Bahnhofsgebäuden:

1891 Hauptbahnhof Düsseldorf: Mitarbeit bis zur Fertigstellung 

1895 Stettiner Bahnhof: Mitarbeit bis 1903

1899 Hauptbahnhof Koblenz: Mitarbeit bis 1902

1900 Hauptbahnhof Essen, Mitarbeit bis 1902

190? S-Bahnhof "Ebersstraße in Berlin"
         (eingefügt 05.09.2017, H. Rhenius)

1901 Hauptbahnhof Hamburg: Der Wettbewerbsentwurf
         „Eisen“ von
Klingholz für den Hauptbahnhof Hamburg
         wurde für 1500 Mark
  angekauft.

1902 Hauptbahnhof Metz: Zweiter Platz.

1906 Hauptbahnhof Wiesbaden, Entwurf und Bauausführung

1907 Hauptbahnhof Leipzig: Zweiter Platz.

1908 Hauptbahnhof Darmstadt: Zweiter Platz

1908 Hauptbahnhof Lübeck, Entwurf und Bauausführung
           zusammen mit Willi Glogner

1912 Lübeck-Travemünde Strand, Entwurf, Bauausführung
           zusammen mit Regierungsbaurat Mühlbradt

Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass neben dem Wiesbadener Hauptbahnhof, seinem Meisterwerk, die Lübschen Bahnhöfe die Krönung seiner Schaffensperiode darstellten.

Weitere Informationen auch auf der Internetseite:

http://www.klingholz.homepage.t-online.de/

LBE Logo neuBaurat Paul Mauck zum Gedenken

Erstellt, Montag, 31. Mai 2010
Geschrieben von Jörg Windberg

Paul Mauck wurde am 23. September 1900 in Lübeck geboren. Seine Schulzeit verbrachte er in Lübeck, wo er auch 1918 das Abitur am Johanneum bestand. 

Nach seinem Ingenieurstudium, zunächst in Hannover und anschließend an der allen Eisenbahnfreunden bekannten Technischen Hochschule in Karlsruhe erhielt er dort 1923, nach nur 8 Semestern Studium sein Diplom und damit die Ernennung zum Diplom- Ingenieur.


Sein zweites Staatsexamen legte er 1926 ab und wurde anschließend zum Regierungsbaumeister ernannt.

Nachdem er zunächst 1927 in den Dienst der Reichsbahn eingetreten war, wurde er bis 1928 technischer Abteilungsleiter beim RAW Rostock und Vertreter des Werkdirektors.

Doch schon im Laufe des Jahres 1928 wechselte er zu einer der größten, damals noch verbliebenen „Staatsbahn im Privatbahngewand“ über, zur Lübeck-Büchener Eisenbahn LBE, die fortan für die nächsten zehn Jahre sein Arbeitgeber werden sollte.

Als Leiter des AW Lübeck der LBE knüpfte er die Kontakte und sammelte die Erfahrungen im Werkstätten- und Unterhaltungs-Bereich, die ihn mit seinem rastlosen Erfindergeist zu einem der kreativsten Köpfe des deutschen Eisenbahnwesens werden ließen.

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Paul Mauck und Georg Heise (von links) vor der im Bau befindlichen LBE 3 auf dem Henschel-Werkshof (1937)

War er schon beim Bau des LBE-Dampftriebwagens in gutem Einvernehmen mit den Konstrukteuren der großen deutschen Lok- und Waggonfabriken gewesen, so intensivierte die auf sein Bestreben hin angestoßene Entwicklung eines leichten, stromlinienverkleideten Dampfzuges diese Allianz noch besonders. Zu nennen sind hier insbesondere Richard Roosen, der Entwickler der Dampfmotor- und der Kondensationstechnik, der später beim Bau der LBE 77 1001, der 19 1001 sowie der südafrikanischen und deutschen Kondenslokomotiven von sich reden machte und Georg Heise von Henschel.

Heise, Schöpfer der gelungenen preußischen S 10.1, war gerade mit der Entwicklung der BR 61 beschäftigt, als an ihn der Wunsch der LBE herangetragen wurde. Er zögerte nicht lange und entwickelte kurzerhand in enger Zusammenarbeit mit Paul Mauck, sozusagen als „kleine BR 61“ die bekannten LBE Mickymäuse 1-3 (spätere BR 60). Die LBE 3 (60 003), die gegenüber Nr. 1-2 etwas verstärkt war, war sogar Georg Heises letzte Arbeit für Henschel, bevor er in den verdienten Ruhestand ging.

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Der Grundentwurf für die dazugehörigen Doppelstockwagen entstand im Wesentlichen unter der Leitung von Paul Mauck in der Lübecker Hauptwerkstatt der LBE, in der zunächst ein 1:1- Holzmodell eines Wagenkastens gebaut wurde. Die Formgebung lehnte sich an die ein Jahr vorher auf den Pariser Vorortstrecken in Betrieb genommenen Doppelstockwagen der ETAT an. Für die Bauausführung konnten die Linke- Hofmann Werke in Breslau und die WUMAG in Görlitz gewonnen werden

Die Geschichte der Lok und der Waggons, die im Unterschied zu den vierachsigen französischen Wagen erstmals, vor allem aus Platz- und Gewichtseinsparungsgründen, als sechsachsige Zwillingswagen mit Endführerständen ausgeführt waren, ist an anderer Stelle mehrfach thematisiert. In persönlicher Hinsicht waren sie für „Baurat“ –diese Berufsbezeichnung trug er mittlerweile- Paul Mauck ein einzigartiges Ruhmesblatt, das sich weltweit herumsprach und ihn zu einem anerkannten

Ratgeber (und auch, wie es heißt, zu einem charmanten Gesellschafter!) werden ließ.


Sprachen manche despektierlich von ihm als „Erfinder von Klapparatismen“, so erkannte die Fachwelt doch bald neidlos (oder neidvoll?) an, dass ihm mit den „Doppeldeckzügen“, die „In einer Stunde vom Häusermeer an die See“ eilen
konnten, ein einzigartiger Wurf gelungen war, brauchten die Loks aufgrund ihrer Fernsteuerung von den in den Wagen befindlichen Führerständen aus an den Streckenendpunkten doch nicht mehr umgesetzt werden. Die Idee des Wendezugbetriebes hatte ihre Betriebstauglichkeit bewiesen und ist bis heute aus dem Betriebsalltag bei der Bahn nicht mehr wegzudenken.

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Alles in allem war die LBE unter der technischen Leitung von Baurat Mauck Ende 1937 eine Art „Gesamtkunstwerk“ geworden: Technisch hoch innovativ, in modernem „Bauhaus“-Design, das in Zusammenarbeit mit bekannten Gestaltern wie dem berühmten Graphiker Alfred Mahlau oder der von den Deutschen Werkstätten in Dresden Hellerau geholten Innenarchitektin Liesel Bertsch entwickelt worden war. Noch dazu war das ganze Unternehmen professionell beworben und vermarktet und hatte mit seinen Entwicklungen, die von Paul Mauck in vielen in- und ausländischen Fachpublikationen zeitnah vorgestellt wurden, einen weltweiten Bekanntheitsgrad erreicht.

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Übergabe eines der ersten Doppelstockwagen an die LBE bei der WUMAG in Görlitz, der von der in Kassel kurz vorher fertiggestellten Stromlinienlok „persönlich“ abgeholt und anschließend nach Lübeck gebracht wird. Rechts neben Baurat Mauck (Mitte) steht Liesel Bertsch, die Farb- und Innengestalterin der Wagen.

Doch auch diesen kreativen Techniker holten die bitteren politischen Realitäten jener Jahre ein: Zum 1. Januar 1938 wurde die LBE verstaatlicht, nicht ganz überraschend, nachdem der Stadtstaat Lübeck bereits 1936 seine Selbstständigkeit verloren hatte.

Letzter Appell 1937 kleinLetzter Appell der Belegschaft im Dezember 1937 in den Werkshallen des AW an der Kronsforder Allee

Paul Mauck ließ sich jedoch nicht verstaatlichen, sondern nutzte seine guten Kontakte, insbesondere auch zu Henschel- Firmenchef Oskar Henschel und trat am selben Tag als Prokurist und Abteilungsleiter in die Dienste von Henschel&Sohn in Kassel.

Nach dem „Anschluss“ Österreichs wurde er zunächst Vorstandsmitglied der zum Henschel- Konzern gehörenden Wiener Lokomotivfabrik WLF in Wien-Floridsdorf, wo er unter anderem die Entwicklung der bekannten „Floridsdorfer Kastentender“ für die BR 52 förderte.

 Von 1943 bis zum Kriegsende 1945 war er Vorsitzer der Geschäftsführung der gleichfalls zu Henschel gehörenden Raxwerke in Wiener Neustadt, in denen, z.T. von Zwangsarbeitern, deren Schicksalen er sich, nach Aussagen seiner Frau, im Rahmen seiner Möglichkeiten „als Christenmensch mit großer Anteilnahme und Fürsorge“ widmete, neben Rüstungsgütern ebenfalls Lokomotivtender in großer Zahl produziert wurden.

bild6Über die frühe Nachkriegszeit lässt sich sein Lebenlauf ebenfalls nur lapidar mit „Sonderaufgaben bei Firma Henschel & Sohn in Kassel“ aus.

Es scheint ihm dort, inmitten der Trümmerwüste am Holländischen Platz wohl nicht mehr gefallen zu haben, denn 1946 zieht es ihn zurück in seine Lübecker Heimat und er eröffnet auf der Lübecker Teerhofinsel als alleiniger Inhaber und Geschäftsführer die „Maschinenfabrik auf der Teerhofinsel“.

Bekannt ist, dass seine Firma in erster Linie Instandsetzungen gebrauchter Lokomotiven der Staats- und Privatbahnen durchführte, aber auch Umspurungen sowie Bau und Reparaturen einfacher Waggons gehörten zum Repertoire der Fabrik. Besonders schmerzlich müssen die Verschrottungsaktionen, u.a. der ehemaligen Lübeck-Büchener S 10 gewesen sein, die ebenfalls bei ihm durchgeführt wurden.

Doch die Geschäfte liefen nicht gut in diesen wilden Jahren. Bis 1953 hielt er sich noch durch eigene Entwicklungen landwirtschaftlicher Geräte, z.B. Saatgut-Streuwagen über Wasser, dann kam das „Aus“.

Sein Ruhm aus LBE-Zeiten hatte jedoch die Jahre überdauert und die junge westdeutsche Bahnindustrie brauchte wieder fähige Köpfe.

In seiner Korrespondenz finden sich Briefwechsel mit Paul Mielich, der zu jener Zeit die erste Generation der DB-Doppelstockwagen entwarf, deren Konzept Paul Mauck aber skeptisch gegenüber stand, da er das Doppelstockprinzip bei dem gegebenen schmalen kontinentaleuropäischen Lichtraumprofil für Langstreckenfahrzeuge nicht für geeignet hielt.

So dauerte es –nach einem kurzen Intermezzo bei der Hamburger „Cobolt-Fahrzeugbau“- nicht lange, bis ein alter Stammlieferant der LBE, die inzwischen aufgrund der Kriegsereignisse aus Schlesien nach Salzgitter-Watenstedt umgesiedelten Linke-Hofmann Werke (jetzt als "Linke-Hofmann-Busch GmbH“ firmierend) auf Paul Mauck aufmerksam wurden und ihn noch 1953 nach Salzgitter holten.

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Eine Hälfte des LBE Doppelstockwagens Nr. 5 im Werksmuseum der Alstom LHB in Salzgitter

Fortan war die Münzstraße in der Braunschweiger Innenstadt sein Wohnsitz, wo seine Frau Marianne eine zahnärztliche Praxis führte.

 

Bei LHB blieb er bis zu seinem Ruhestand im Jahre 1965 „Mitarbeiter für Sonderaufgaben“, zu denen u.a. der Aufbau des bekannten Werksmuseums gehörte, das noch heute existiert und neben einer Lok der BR 38, einer (nach Gerüchten infolge einer erst kurz vor ihrer Außerdienststellung erfolgten Hauptuntersuchung fast betriebsfähigen) BR 39 und einem SVT 06, Bauart „Köln“ u.a. auch eine Hälfte eines „seiner“ LBE-Doppelstockwagen beherbergt.

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Seinen Ruhestand genoss Paul Mauck noch ein knappes Jahrzehnt und bemerkte zu der erstarkenden Eisenbahnfreunde-Szene immer ein wenig verwundert, dass man sich für seine alten Sachen noch so sehr interessierte.

Am Pfingstsonntag, den 18.5.1975 ist er in der Universitätsklinik Göttingen einem Krebsleiden erlegen.

Die aktuelle Blütezeit seines Nahverkehrs-Doppelstockwagen-Konzepts, das über die frühen DR-Doppelstockwagen des WUMAG- Nachfolgers „VEB Görlitzer Waggonfabrik“ der 50er Jahre und die bis zur Wiedervereinigung erfolgte Weiterentwicklung in der DDR geradlinig bis zu den heutigen, in ganz Deutschland eingesetzten modernen Fahrzeugen führt, hat er leider nicht mehr miterleben können.

 

Weitere Fotos mit Impressionen aus seinem Leben nachfolgend.

 

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Viele Dienstbesprechungen musste Paul Mauck während der Bauzeit der Doppelstockwagen bei LHW in Breslau und bei der WUMAG in Görlitz führen (Aufnahme Anfang 1936)

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Geheim gehaltene Probefahrten Ende März 1936 mit dem ersten fertiggestellten Doppelstockwagen im Lübecker Raum. Baurat Mauck steht in der geöffneten Wagentür.

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Paul Mauck (2. von rechts) und der „Vater“ der BR 17.10, der BR 61 und der BR 60, Georg Heise (ganz rechts) vor der im Bau befindlichen LBE 3 auf dem Henschel-Werkshof in Kassel bei Aufnahmen für die Wochenschau (1937)

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Baurat Maucks persönliches Erinnerungsfoto an die LBE entstand an einem trüben Novemberabend 1937, als sein Abschied von Lübeck bereits feststand. Nach Dienstschluss ging er von der LBE- Hauptverwaltung hinüber zum Lübecker Hbf und fotografierte dort den mit der neuen LBE 3 auf Gleis 9 abfahrbereit stehenden HL- Schnellverkehrszug nach Hamburg.