Die Ratzeburger Kleinbahn
Ratzeburg, die kleine Stadt im Ratzeburger See, erhielt mit dem Bau der Eisenbahnstrecke der LBE nach Büchen die Chance, sich an das Eisenbahnnetz anzuschließen. Auf Grund der geographischen Probleme sollte der Bahnhof ca. 2 km außerhalb der Stadt errichtet werden. Zwar wär die LBE bereit gewesen, die Linienführung näher an die Stadt heranzuführen, wenn die Stadt Ratzeburg diese Mehrkosten übernommen hätte. Dazu ist es jedoch nie gekommen. So fuhren die Züge der LBE an der Stadt Ratzeburg vorbei und Omnibuse transportieren, wie heute die Reisenden die in Ratzeburg ankamen oder aber aber abfahren wollten.
Als die KPEV die Eisenbahnstrecke Hagenow-Oldesloe plante, wurde der vorhanden Bahnhof eingebunden und 1897 wurde dann das Teilstück eröffnet. Endlich aber 1899 interessierte sich die Firma Lenz & Co aus Berlin für das Projekt, die Stadt Ratzeburg an den Bahnhof anzuschließen. Nach Widerständen in der Bevölkerung und Umfangreichen Bauarbeiten war es dann am 27. Juni 1903 soweit, die Bahnlinie konnte eröffnet werden.
Noch heute kann man hinter der “Lauenburgischen Gelehrtenschule” den tiefen Einschnit erkennen, der damals offensichtlich in Handarbeit gegraben wurde. Gleichzeitig wurde ein großer Dammn durch den Kückensee aufgeschüttet, da für die Bahnhoifsanlagen Platz geschaffen werden mußte.Da man die Fortführung der Strecke nach Thurow geplant hatte, wurde der Damm entsprechend gebaut.
Heute wäre der Bau eines solchen immerhin ca. 500 m langen Dammes kaum mehr möglich Es mußte dabei eine Wassertiefe von etwa 20 m überwunden werden. Die Erdmassen stammten aus dem Einschnitt, den man zur Überwindung des östlichen Seeufers ausgraben mußte. Wenn man heute die Schmilauer Straße in Ratzeburg entlang geht, kann man diesen Einschnitt noch gut erkennen.5 Jahre dauerte der Bau der Bahnverlängerung nach Thurow. Am 30. Juni 1908 wurde diese Strecke dann feierlich eröffnet.
Ausgehend vom Bahnhof Ziethen erhielt die Bahn 1910 eine Anbindung zum Schalseekanal-Hafen. Zu weiteren Ausbaumaßnahmen ist es dann nie mehr gekommen.Die Gesamtstreckenlänge betrug 21,3 km.
Bei der Eröffnung der Ratzeburger Kleinbahn waren 2 Bn2 Tenderlokomotiven angeschafft worden, beide waren von der Firma Vulcan aus Stettin geliefert worden. Beide Lokomotiven entsprachen der preußischen Gattung T 1 und waren mit Heberlein- Seilzugbremse ausgerüstet
Anfangs umfaßte der Wagenpark zwei Personenwagen, einen Pack-Postwagen und zwei Güterwagen.
13 Zugpaare, so berichtet der Chronist verkehrten werktäglich zunächst auf der “Stadtbahn”. Im Folgejahr waren es dann schon 14 Zugpaare.
Die Fahrzeit vom Bahnhof Ratzeburg in der heutigen Vorstadt zum Stadtbahnhof dauerte talwärts 7 Minuten, während der bergwärts fahrende Zug 10 Minuten benötigte.
Die Zahl der Beschäftigten betrug zu dieser Zeit 13 Personen.
Mit der Eröffnung der Strecke nach Thurow wurde ein stärke Lokomotive beschafft. Es war ein Cn2 ebenfalls von Vulcan. Da der finanzielle Spielraum äußert gering war, wurde statt einer geplanten weiteren Cn2 Lokomotive die Lok Nr. 2 der Randower Kleinbahn als vierte Lokomotive angeschafft. Es war eine der ersten Loks ähnliche Lokomotive ( Ob sie vor 1923 wieder verkauft wurde konnte ich nicht ermitteln, da der Geschäftsbericht von 1923/24 von nur 3 Loks spricht).
Die wirtschaftliche Situation der Ratzeburger Kleinbahn blieb hinter den Erwartungen weit zurück. Was letztendlich nicht verwunderlich war, da doch das Umland von Ratzeburg landwirtschaftlich geprägt war und auch noch heute ist. Und die Bevölkerungszahl und -dichte reichte zum Betrieb einer ertragsstarken Bahngesellschaft einfach nicht aus.
Eine langsame Ertragsverbesserung bis 1917/18 ließ zunächst hoffen, jedoch unterbrach die Inflation diese Hoffnungen. Von diesem Schlag erholte sich die Ratzeburge Kleinbahn nie wieder. Der Geschäftsbericht des Geschäftsjahres 1923/24 weist noch einen Gewinn aus.
Laut Geschäftsbericht für die Zeit vom 1. Juli 1923 bis 30. Juni 1924 bestand die Ausrüstung aus:
- 2 Lokomotiven von je 24 t Dienstgewicht
- 1 Lokomotive von 30 t Dienstgewicht
- 1 Personen-, Post- u. Gepäckwagen
- 1 Post- und Gepäckwagen
- 4 Personenwagen II./III. Klasse
- 2 Personenwagen III. Klasse
- 3 bedeckte Güterwagen für Stückgüter
- 2 offene Güterwagen
- 3 Bahnmeisterwagen
eingestellt in den Staatsbahnwagenpark
- 7 bedeckte Güterwagen
- 6 offene Güterwagen.
Es sind insgesamt 3.415 Züge gegen 4.167 Züge im Vorjahr geleistet worden.
Das Aktien-Kapital betrug 1.553.000 M und verteilte sich wie folgt:
- Preußischer Staat 745.000 M
- Kreis- u. Landeskommunalverband Herzogtum Lauenburg 135.000 M
- Stadt Ratzeburg 310.000 M
- Interessenten 363.000 M
Am 08. Oktober 1933 wurde bei der Ratzeburger Kleinbahn AG der Personenverkehr eingestellt; am 1. April 1943 folgte dann die Stilllegung auch des Güterverkehrs. Das anschließende Konkursverfahren reichte nicht zur Befriedigung der Gläubiger aus.
Nachfolger der Bahngesellschaft wurde die Ratzeburger Kraftverkehrs GmbH, das den bereits 1928 aufgenommen Busverkehr der Kleinbahn fortführte. Aus dieser Kraftverkehrs GmbH ist dann später in unserer Zeit die Stadtwerke Ratzeburg GmbH geworden. Aber auch das ist nunmehr Geschichte, nachdem in 2004 der Busbetrieb auf einen neuen Partner übertragen wurde.
Ein aufmerksamer Wanderer wird auch heute noch Spuren der “Ratzeburger Kleinbahn” in Ratzeburg und der Umgebung finden .Im Jahre 1913 tauchte ein Nebenbahnprojekt von Lübeck über Krummesse und Sierksrade nach dem damals zu Lübeck gehörigen Nusse auf. Dieses Lübecker Projekt stieß auf die Ablehnung des lauenburgischen Landrates wegen der befürchteten Schädigung der Städte Ratzeburg und Mölln und nicht zuletzt wegen eines lauenburgischen Gegenprojektes:
"Seit Jahren schon plante der Landrat eine Kleinbahn in westöstlicher Richtung von Trittau w über Nusse nach Ratzeburg mit Abzweigung nach Mölln... In Trittau, Mölln und Ratzeburg waren Anschlüsse an die preußische Staatseisenbahn und die private Lübeck-Büchener Eisenbahn vorgesehen, in Ratzeburg außerdem an die Kleinbahn nach KleinThurow, die ohne die projektierte Kleinbahn von Trittau nach Ratzeburg unrentabel bleiben mußte" Quelle 29. * S 33.
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Der Bahnhof "Ziethen"
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Ich verweise hier auf den Beitrag zur Geschichte der RKB auf den Beitrag von Birger Kaiser (TC)