Die Glanzzeit der LBE
Die Glanzzeit der LBE, die eigentlich keine Zeit des Glanzes war, ist der Zeitraum von ca. 1890 bis 1914. Die Konkurrenzsituation sowohl zur Straße als auch zu Wasser war überschaubar und ließ das Verkehrsaufkommen anschwellen.
Es war die Zeit der großen Bautätigkeiten. So wurde der Bahnhof auf der Wahlhalbinsel zu eng, eine neue Bahnhofslage musste gefunden werden. Der noch heute an der gleichen Stelle befindliche Lübecker Hauptbahnhof mit den für die damaligen Zwecke notwendigen Einrichtungen wurden geschaffen.
Das zunächst von den Lübeckern ungeliebte Kind einer Eisenbahnverbindung nach Travemünde, verlangte aufgrund des stark gewachsenen Ausflugsverkehres nach Travemünde 1911 einen neuen Bahnhof, der noch heute in fast unveränderter Form ein Wahrzeichen in Travemünde ist. Die Bahn hat das Bahnhofsgebäude, das, wie bei der "Deutschen Bahn" üblich, vor Jahren aufwändig saniert wurde, und dann versteigern lassen. Noch gibt es Streit mit den Nachbarn bezüglich der Nutzung.
Der weithin sichtbare Uhrenturm des Bahnhofes Travemünde-Strand kündet dem Reisenden noch heute die nächste Verbindung nach Lübeck.
Als dann 1913 die Nebenbahnstrecke von Travemünde nach Niendorf an der Ostsee eröffnet wurde, erreichte das Netz der LBE die Ausdehnung von 160,87 km. Eine Streckenlänge, die bis zur Verreichlichung Ende 1937 unverändert blieb.
“Glück im Unglück hatten die Travemünder am 19. April 1907, als eine Lokomotive versehentlich auf ein totes Gleis geriet, über einen Prellbock hinweg donnerte, dabei eine Straßenlaterne umriss, die Bahnschranke demolierte und schließlich auf der Straße “Rose” zum Halten kam. Bezeichnenderweise trug die Lokomotive, die in diesem Fall nicht zum ersten Mal in eine Karambolage verwickelt war, den Namen “Stier”.”
Das vorstehende Bild zeigt die Lokomotive bereits aufgebockt. (Quelle 27: S. 45)
Der erste Weltkrieg brachte durch die Hafenanbindung ein erhebliches Transportaufkommen. 1913 hatte die LBE 2.415 Beschäftigte. “Mit 88 Lokomotiven und 278 Personenwagen wurden 8.665.104 Fahrgäste, mit 1,349 Güterwagen insgesamt 2.134.717 Gütertonnen befördert.”, (Quelle: 1, S. 17)
1917 brachte eine augenfällige Veränderung, das bisherige Kennzeichensystem der Lokbenummerung wurde verändert, auch entfiel nunmehr die Namengebung für Lokomotiven. Ähnlich wie später bei der “Reichsbahngesellschaft” wurden Nummernkreise gebildet; so erhielten Schnell- und Personenzuglokomotiven die Ziffern 1 bis 60, Güterlokomotiven die Ziffern 61 bis 100 und Tenderlokomotiven die Ziffern ab 101.
In einzelnen Fällen wurden Loknummern später neu vergeben, dies gilt insbesondere für die Mitte der dreißiger Jahre angeschafften Stromlinienlokomotiven, die wegen ihrer Bedeutung für das Unternehmen, die Ziffern 1 bis 3 erhielten.
“Nach dem ersten Weltkrieg vermisste die LBE in ihren Beständen 36 Personen- und 5 Gepäckwagen. Die folgenden Jahre unterschieden sich kaum von denen der allgemeinen Eisenbahngeschichte: 1920 ein übergroßer Personalbestand und keine Dividende mehr, 1921 Kohlemangel mit daraus folgenden Betriebseinschränkungen, 1922 durch inflationsbedingt Fahrpreise über 12,6 Millionen Fahrgäste, aber unzureichende Erlöse. 1923 musste die LBE Notgeldscheine im Nennwert von 5, 10 und 50 Milliarden Mark drucken lassen.
1926 bestand die LBE nunmehr 75 Jahre; aufgrund der wirtschaftlichen Lage nahm man jedoch von großen Feierlichkeiten Abstand.
Die mit Girlanden geschmückte Lok21
Die sich abzeichnenden Erholung der deutschen Wirtschaft spiegelt sich natürlich ach bei der LBE wider; der Chronist berichtet:” Auf der Hamburger Route verkehrten 3 Schnellzugpaare (1 nach Stettin, 2 nach Warnemünde) ganzjährig, in der Saison außerdem jeweils ein Paar nach Niendorf und Saßnitz. Aus einem Warnemünder Schnellzugpaar wurde eine Kurswagengruppe als eigener D-Zug nach Niendorf gefahren. Einige der 10 Personenzugpaare liefen von Lübeck nach Travemünde, Niendorf oder Rostock weiter, ein beschleunigter Personenzug sogar bis Stettin. Der Bäderverkehr umfasste 5 Eilzugpaare nach Travemünde, einen beschleunigten Personenzug nach Malente-Gremsmühlen, und einen nach Lübeck.
Der Hamburger Vorortverkehr wurde mit 15 Zugpaaren, teilweise nur werktags, versorgt. Von Lübeck nach Travemünde verkehrten weiterhin 8 reguläre und 3 von der Saison abhängige Zugpaare.
Auf der Stammstrecke konnte man 1928 zwischen 5 Personenzügen nach Lüneburg, einem nach Büchen und einem Sonntagsausflugszug nach Mölln wählen; außerdem war sie mit einem D-Zug Berlin - Kiel und einem Saisoneilzug Lübeck - Lüneburg belegt.” Quelle: 1, S. 18.
Wie auch bei der Staatsbahn war das Eisenbahnwesen bei der LBE fast militärisch strukturiert und organisiert. Dienstanweisungen hießen Dienstbefehle. Obenstehend ist der Dienstbefehl Nr. 7 vom 14. November 1919 wiedergegeben.
Über ein bekanntes Internetauktionshaus ersteigerte ich in 2007 eine Siegelmarke und Gepäckmarken aus den 20iger Jahren. Gepäckmarken dienten der Frachtabrechnung und wurden auf den Frachtbriefen geklebt.
Bereits in 2002 hatte ich die seltene Gelegenheit über das Internet ein Fahrplanbuch aus dem Jahre 1919 zu ersteigern. Das Orginal befindet sich heute im Archiv der Hansestadt Lübeck.
1919 verkehrten hiernach auf der Hamburger Strecke der D 7 in der Relation Hamburg Warnemünde und der D 8 in der umgekehrten Richtung. 18 Personenzüge sind angegeben, wobei die Grundgeschwindigkeit 60 km/h war. Bei den Schnellzügen wurde mit P 4, S 5 und S 10 gefahren, die Personenzüge waren mit P 3, P 4 und S 5 bespannt. 17 Güterzüge weist das Fahrplanbuch für 1919 aus.
Die Strecke von Lübeck nach Segeberg wurde mit 8 Zügen, die Niendorfer Strecke mit 4 Zügen bedient. Die Stammstrecke nach Büchen führt 6 Personenzüge, 1 Leerzug und 6 Güterzüge aus. Und nach Schlutup fuhren täglich 6 Züge.
Das Jahr 1929 brachte die Einführung des H-L-Schnellverkehrs zwischen den beiden Endpunkten Lübeck und Hamburg, der die tragende Säule des Unternehmens werden sollte.
“Für kurze Zeit erschien die Zukunft in rosigem Licht, und die LBE erkundigte sich bereits nach den Kosten der Elektrifizierung ihrer Hauptbahn. 16 Millionen Reichsmarkt wollte man indes dafür nicht aufwenden, denn schon sorgte die Weltwirtschaftskrise für neue Unsicherheit. Das Verkehrsaufkommen ging zurück wie nie zuvor; die Walddörferbahn der Hamburger Hochbahn trat als Konkurrenz auf den Plan, mit 4.990.641 Fahrgästen und 1.335.589 Gütertonnen lag die LBE 1932 fast wieder bei ihren Werten zur Zeit nach der Jahrhundertwende, doch nun mit einem Drittel mehr an Personal. ”Quelle: (Quelle: 1, S. 19)
1933 übernahm Baurat Paul Mauck die Leitung des maschinentechnischen Dienstes bei der “Lübeck-Büchener Eisenbahn”; unter dem wirtschaftlichen Druck der Sanierung des inzwischen maroden Gleisnetzes und der Modernisierung der gesamten Anlagen wurde 1935 seitens der Direktion der LBE ein Modernisierungsplan vorgestellt, der der LBE wieder einen Spitzenplatz verschaffen sollte.