His01Ein Streifzug durch die Geschichte des Bf. Dänischburg und die Industrieansiedlung am linken Traveufer.

Der Bahnhof “Dänischburg” war untrennbar mit dem Unternehmen “Villeroy & Boch”, dem “Lübecker Schwefelsäure- und Superphosphatwerk” und der “Uferbahn” verbunden.

Villeroy & Boch hat als Fliesenwerk den Standort Lübeck aufgegeben, die Uferbahn hat ihre ursprüngliche Bedeutung verloren, ist aber dennoch für den Güterverkehr wichtig. Das “Lübecker Schwefelsäure- und Superphosphatwerk” gibt es nicht mehr.

Als im Jahre 1882 die Eisenbahnstrecke nach Travemünde-Hafen eröffnet wurde im Bereich des Stadtgutes Dänischburg ein Haltepunkt eingerichtet. Dieses wird durch einen Fahrplan aus dem Jahre 1890 deutlich.

Fahrplan vom 01.10.1890

1889 gründete sich auf Grund von privaten Initiativen der „Lübecker Industrieverein“. Ziel dieses Vereins war es, den Wandel des Staates Lübeck von einem reinen Handels- und Gewerbestandort in die Welt der Industrialisierung des 20ten Jahrhunderts zu öffnen. Sowohl in der Politik, aber auch bei den Unternehmen in Lübeck gab es gegen diese Planungen erhebliche Widerstände. Man befürchtete eine Proletarisierung der Bevölkerung und damit auch den Verlust hanseatischer Werte.

Fortschrittliche Geister setzten sich jedoch durch und so konnte am 07. September 1905 die „Lübecker Hochofen AG“ gegründet werden. Die bisher in Lübeck angesiedelten Industriebetriebe produzierten hauptsächlich für die Region und das Umland von Lübeck. Erst mit der Gründung des Hochofenwerkes änderte sich dieses.

In erheblichem Umfange wurden seitens des Staates Lübeck private Grundstücke aufgekauft. Auch zu nicht unerheblichen Enteignungen ist es gekommen.

In der Folge der Gründung des Hochofenwerkes wurde die Bahnverbindung dorthin gebaut. Zur Versorgung dieses Werkes baute der Staat Lübeck auf eigene Kosten eine 4,5 km lange Anschlussbahn von Dänischburg nach Herrenwyk. Diese Anschlussbahn wurde unter dem Namen „Uferbahn“ bekannt. Von Anfang an, wurde die Betriebsführung dieser Strecke der LBE übertragen.

Neben den staatlichen Geländen wurden aber auch private Gelände für die Industrieansiedlung genutzt. Auf dem Gelände des Gutes Dänischburg wurde 1900 linken Ufer der Trave die „Lübecker Schwefelsäure- und Superphosphat Fabrik“ gegründet. 1927 firmierte das Unternehmen nach der Fusion als „Guano-Werk, Lübeck“.

1906 war Baubeginn für die "Steingutfabrik Villeroy & Boch" in Dänischburg, die wie die „Lübecker Schwefelsäure- und Superphosphat Fabrik“ jedoch genau genommen nicht an der Uferbahn lag. In den Archivunterlagen der Hansestadt Lübeck ist deshalb auch der Hinweis zu finden, „Anlage eines Anschlußgleises an die Lübeck-Travemünder Eisenbahn bei Dänischburg durch die Lübecker Schwefelsäure- und Superphosphatfabrik“.

In den Vorverhandlungen mit „Villeroy & Boch“ ist in den Archivunterlagen nachzulesen, dass 1906 der Haltepunkt „Dänischburg“ ausgebaut und zum Tarifpunkt gemacht werden soll. Dieses kann quasi als Geburtsstunde des Bf. Dänischburg bezeichnet werden.

 1907 Haltestelle Daenischburg klein                                       Quelle: Archiv der Hansestadt Lübeck, 3.4 - 3, Finanzdepartment SOP

Auf dem Plan von 1906 ist das neue Stationsgebäude bereits eingezeichnet. Offensichtlich haben sich aber im Verlauf des Ausbaus der „Uferbahn“ die Gleisverläufe gegenüber der Planung von 1906 geändert. Dieses wird durch einen Plan aus dem Jahre 1907 deutlich.

AnlageIm Geschäftsbericht 1906 der Direktion der LBE ist nachzulesen, „Eine besonders starke Vermehrung zeigt der Verkehr der Stationen Lübeck, Hamburg, Alt-Rahlstedt sowie Dänischburg und Waldhusen. ….. Die Steigerung im Verkehr der Stationen Dänischburg und Waldhusen mit Lübeck beruht auf dem Arbeiterverkehr zwischen Lübeck und dem an der unteren Trave in Ausführung begriffenen industriellen Anlagen.“

So ist auch zu verstehen, dass in 1907 die Direktion der LBE beschloss, die Haltestelle „Dänischburg“ um Warteräume zu ergänzen.

1907 Warteraeume Daenischburg

Inzwischen war am 04. April 1907 wurde der Vertrag zwischen dem Staat Lübeck, dem Gutsbesitzer Heinrich Friedrich Wilhelm Eggers und der Direktion der LBE geschlossen worden.

Die „Lübecker Schwefelsäure- und Superphosphat Fabrik“ hatte eine Verladeeinrichtung an der Trave errichtet. In der Senatssitzung vom 29.04.1901 wurde über die „Genehmigung eines Vertrages mit den Eigenthümern des Hofes Dänischburg wegen der Verstattung des Lösch- und Laderechtes für Schiffe daselbst … „berichtet.

Gemäß § 9 des Vertrages von 1907 gestattete die Direktion der LBE dem Unternehmen V&B, den vorhandenen Wasserdurchlass in Höhe von km 7,8 km und 7,9 km als provisorischen Tunnel für die Durchführung eines Schmalspurgleises zu nutzen.

Erlaubt wurde auch, den Wasserdurchlass durch einen 3 m breiten Tunnel zu ersetzen, um ein zweites Schmalspurgleis zu bauen.

Lt. einem Plan von 1948 war dieses Schmalspurgleis – zumindest in der Zeichnung - noch vorhanden.

Über die Anbindung dieses Schmalspurgleises an das Traveufer und ggf. vorhandener Lade- und Verladeeinrichtungen konnte ich nichts in Erfahrung bringen.

1906 wurden Regelung über der Lage des Bahnhofs und der Gleisanlagen in Dänischburg getroffen. Im Archiv der Hansestadt Lübeck sind „Bedingungen der Lübeck-Büchener Eisenbahngesellschaft für die Zulassung von Privatanschlüssen; Zwei Lagepläne der Gleisanlagen am Hof Dänischburg der Eheleute Eggers, 1906 - 1907; Zwei Lagepläne der Gleisanlagen auf Höhe der Firma Villeroy & Boch, 1906 - 1907; Lageplan der Gleisanlagen mit Einzeichnung der zugehörigen Weichen und eines zu verlängernden Anschlussgleises, 1907; Plan der Bahnhaltestelle Dänischburg“ zu finden.

Im Rahmen der Verstaatlichung wurde dann 1924 die Bestimmungen der der Reichsbahn angepasst.

Das Stationsgebäude des Bf. Dänischburg blieb in den Jahrzehnten nahezu unverändert, wie ein Vergleich von Aufnahmen zeigt.

Bf Daenischburg EG Gleisseite Der Bf. Daenischburg 1965

 

Der Zustand in 1965 war dann doch schon derart, dass in einem Artikel des „Lübecker Morgen“ über den miserablen Zustand geschrieben wurde. 1968 erfolgte der Abriss und ein Neubau.

Neben der Erweiterung des Stationsgebäudes in 1906/1907 wurden auch Dienstwohngebäude dort errichtet.Beamtenhaus 1925

In der Zeitschrift „Kücknitz (er)leben 1/2014“ ist das Dienstwohngebäude abgebildet.

 Ob es, wie im Falle von „Villeroy & Boch“, auch mit der „Lübecker Schwefelsäure- und Superphosphat Fabrik“ Schriftwechsel seitens der Direktion der LBE gegeben hat, ist aufgrund der Akten- und Archivlage nicht mehr zu ermitteln.

Der Abzweig von der Hauptbahn zum Werksgelände von „Villeroy & Boch“ erfolgte über eine Doppelkreuzweiche. Diese DKW erzeugte einen umfangreichen Schriftwechsel offensichtlich über Jahrzehnte, wobei es immer wieder um Kostenbeteiligung ging.

Als Beispiel soll hier ein Schreiben aus 1937 dienen:

Nach den Archivunterlagen verstarb der Gutsbesitzer Eggers 1909. Seine Witwe verkaufte das Gelände 1910 den Landmann Hans Höppner aus Hamburg.

In 1914 erwarb Konsul Max H. Frank (Hamburg) im Wege der Zwangsversteigerung einen Geländestreifen, der lt. Vertrag vom 04. April 1907 zur Verbreiterung des Bahnanschlusses und zur Unterführung der “Uferbahn” diente. V&B sah seine Rechte massiv beeinträchtigt. Offensichtlich war dieser Geländestreifen und die daraus resultierenden rechte nie an V&B übertragen worden.

Erst zwischen 1919 und 1921 trag sich eine Kommission betreffend Enteignung des zwischen den Grundstücken der Firma Villeroy & Boch in Dänischburg liegenden, im Eigentum des Konsuls Max H. Frank in Hamburg befindlichen Geländestreifens (Eintragung einer dauernden Dienstbarkeit). Das eingeleitete Enteignungsverfahren war für V&B erfolgreich.

1986 wurde der Bf. Dänischburg geschlossen und dann später auch verkauft.

1981 ging des „Lübecker Hochofenwerk“, dass nach 1937 zum Konzern von Flick- Konzern (ab 1954 hieß es Metallhüttenwerke Lübeck AG) ab 1975 zur „US Steel Corporation“ gehörte, in Konkurs. 1992 wurde das Werk abgerissen. Wenn man an die "Völklinger-Hütte" als Weltkulturerbe denkt, eigentlich schade. Für Lübeck wäre die Hütte als Museum ein Gewinn gewesen.

Die Uferbahn verlor an Bedeutung, zumal auch die Flenderwerft in Konkurs ging.

Das inzwischen zur BASF-Gruppe gehörende „Guano-Werk“ führte ein Schattendasein und wurde 1991 geschlossen. 1999 wurde das Gelände saniert und soll wieder Gewerbebetriebe anlocken.

V&B verlor das Interesse am Standort Lübeck. Der Abschied von Lübeck war ein Abschied in Raten, der in 1999 begann und 2009 endete.

Am Bf. Dänischburg ist die Zeit vorbeigegangen. Zur Gleisseite gibt es eine Absperrung. Züge halten dort nicht mehr.

Mit dem Bau von IKEA und dem angeschlossenen Einkaufzentrum wurde ein neuer, von IKEA finanzierte Bahnhof errichtet.

Nach Jahrzehnten hat Dänischburg wieder einen Bahnhof.