Das Jakobsdrehgestell der LBE Doppelstockwagen
Erstellt am Sonntag, 04. April 2010
Geschrieben von Burkhard Hessler
Auf einem Drehgestell der Bauart Jakobs stützen sich mindestens zwei Wagenkästen ab. Die beiden Hälften sind während des Betriebes fest miteinander verbunden. Bei normalen Wagen sind jeweils zwei Drehgestelle pro Wagenkasten notwendig. Gleichzeitig kann der Überhang mit der Pufferbohle entfallen. Hierdurch wird auch die Nutzlänge des Wagenkastens vergrößert und das Gewicht für ein Drehgestell eingespart. Als Nachteil im Betrieb ist die feste Koppelung der Wagenhälften zu nennen. Sofern ein Schaden an einem Wagenteil auftritt, muss die ganze Einheit aus dem Verkehr genommen werden. Die den Wagenteile können nur in Werkstätten mit besonderen Hebevorrichtungen getrennt werden.
Die konstruktive Anbindung an das Drehgestell ist verschieden ausgeführt worden. Es gibt zum Beispiel Fahrzeuge, die zwei Drehzapfen auf einer Wiege haben. Für die LBE Doppelstockwagen wurde eine Konstruktion der Firma WUMAG in Görlitz verwendet. Beim Deutschen Reichspatentamt ist das Patent unter der Nummer DRP 477 678 registriert worden. Die WUMAG hat sich für die Form Halbkugel in Halbkugel entschieden. Eine simple Idee, die zudem noch spielfrei und wartungsarm ist. Somit ist bei dieser Verbindung die spielfreie Übertragung der Zug- und Stoßkräfte während des Betriebes gewährleistet. Zeichnung der WUMAG Konstruktion für das Jakobsdrehgestell.
In der Zeichnung finden sich Buchstaben, die zur Erklärung der Wirkungsweise notwendig sind. Im unteren Bildbereich befindet sich die Wiege des Drehgestells (a). Die Wiegeblatttragfeder ist angedeutet zu sehen und der Rahmen des gemeinsamen Drehgestells (b). Auf der Wiege ist eine Kugelpfanne angebracht (c). In dieser Kugelpfanne lagert ebenfalls eine kugelige Pfanne (e) mit einer kugelförmigen Außenfläche (d). Diese ist am der einen hälfte des Wagenkastens (f) befestigt. Im inneren Teil liegt jetzt die Kugel (g) die mit der anderen Wagenhälfte (h) verbunden ist.
In der Mitte der LBE Doppelstockwagen wurden statt zwei Wiegeblattargfedern vier Stück eingebaut. Die Anzahl der Blattlagen ist allerdings größer. Die Enddrehgestelle haben jeweils 4 Lagen und das Mitteldrehgestell ist mit jeweils 6 Blattragfederlagen ausgestattet. Besonders interessant ist die Konstruktion des Lagers. Da diese Teile im normalen Betrieb nicht sichtbar sind, veröffentlichen wir hier Fotos dieser Bauteile. Die Fotos entstanden bei der Hauptuntersuchung 2003 des Doppelstockwagens Nr. 8. Er ist heute im Besitz des Verkehrsmuseums in Nürnberg *. (geändert: H. Rhenius)
Der mittlere Teil der Kugelpfanne (e) ist am Wagenkasten 1 (3. Klasse) befestigt.
Im Durchgang, oben im Bild, ist Sicherungsblozen (k) zu sehen. Er sichert die Bauteile, damit diese bei Schwingungen sich nicht ausheben können. Dieser Bolzen wird am unteren Ende mit einem Split geschichert. Die Freigängigkeit des Bolzens ist eine Prüfungsaufgabe bei den Wartungsarebeiten. Am rechten Bildrand ist das obere Gleitstück der Wagenkastenabstüzung zu sehen.
Gut zu erkennen ist hier die Form der inneren Kugelhälfte.
Kugel der Konstruktion am Wagenkasten 2 (2./3. Klasse)
Der Bolzen wird durch das Loch in der Kugel gesteckt und am unteren Ende mit einem Split gesichert. Die Freigängigkeit des Bolzens ist eine wichtige Prüfungsaufgabe bei den Wartungsarbeiten.
Wagenkasten 1 in den Hebeböcken. OHE Hauptwerkstatt in Celle
Wenn der Doppelstockwagen getrennt wird, muss als erstes der 2./3. Klasse Teil abgehoben werden. Auf dem Bild oben ist auch der Luftansaugbereich der ursprünglichen Klimaanlage zu erkennen. Die Öffnung wurde mit einem Blech geschlossen. (Farbfotos Burkhard Hessler)
Bei modernen Fahrzeugen wird das Jakobs- Drehgestell verwendet. Besonders bei Straßenbahnen ist diese Bauart bei Gelenktriebwagen beliebt. Bei Eisenbahnfahrzeugen findet man Jakobs-Drehgestelle zum Beispiel in Frankreich beim TGV, bei der Deutschen Bahn bei den Dieseltreibwagen 648 (LINT 41) und den Elektrotriebwagen 422, 423, 424 sowie 425/426.
Wilhelm Jakobs (1858– 1942) war Maschinenbauingenieur und anerkannter Eisenbahnfachmann. Er meldete 1901 die Konstruktion für „Personenwagen, bestehend aus mehreren gelenkig miteinander verbundenen Abteilungen, von denen je zwei mit den einander zugekehrten Enden auf einem gemeinschaftlichen Drehgestell ruhen“ als Patent an. Ein Arikel über das Leben von Wilhelm Jakobs ist bei Wikipedia vorhanden.