Fritz Klingholz - der Architekt der neuen Lübecker Bahnhöfe

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His Glanzzeit Bild 08Erstellt am Donnerstag, 07. Juni 2012

Im Jahre 1908 wurde der neue Lübecker Hauptbahnhof eingeweiht, rund vier Jahre später der neue Travemünder Strandbahnhof. Beide Neubauten basieren auf den Entwürfen des Architekten Professor Fritz Klingholz. Der 100-jährige Jahrestag der Einweihung des Strandbahnhofes bietet eine gute Gelegenheit, einmal das Leben und Wirken von Fritz Klingholz in einem weiteren Rahmen darzustellen.

Es muss hier angemerkt werden, dass Originalien aus seinem Wirken aufgrund des Zweiten Weltkrieges leider komplett verloren gegangen sind und damit im Familienbesitz fehlen. Trotzdem sind doch die wichtigsten biographischen Daten überliefert und viele Informationen sind auch aus öffentlichen Archiven verfügbar.

Fritz Klingholz wurde am 21.10.1861 in der damalige Stadt Barmen, ab 1929 dem gleichnamigen Ortsteil von Wuppertal, geboren. Seine Eltern waren der Kaufmann Friedrich August Klingholz und Emilie geb. Beckhoff. Die Familie war seit Anfang des 16. Jahrhunderts in Rittershausen, einem ehemaligen Ortsteil von Barmen, auf dem Gut Kemna ansässig.

Im Jahre 1870 wurde Klingholz in Bonn eingeschult und 1876 konfirmiert. Er besuchte die Realschulen in Barmen und Bonn, wohin die Familie verzog. 1879 legte er an der Realschule I. O. (Oberrealschule) Köln die Reifeprüfung ab.

Nach Absolvierung eines praktischen Jahres als Baueleve wurde er im Oktober 1880 an der TH Stuttgart im Fach Architektur immatrikuliert und wechselte zwei Jahre später an die TH Berlin. Nach bestandener ersten Staatsprüfung setzte er die Studien noch ein halbes Jahr fort und leistete anschließen Militärdienst in einem bayerischen Feldartillerie-Regiment ab.

Vom März 1885 bis Ende 1886 schloss sich eine Ausbildung zum Regierungsbauführer an. Danach folgte eine Tätigkeit in Düsseldorf (Um- und Neugestaltung von Bahnanlagen) bei der er im Mai 1889 von einem Baugerüst fiel. Er verlor das rechte Ellbogengelenk. Erst im Juli 1890 wurde er aus dem Krankenhaus entlassen.

1891 ging Klingholz nach Berlin zurück wo er im Februar 1892 mit Auszeichnung das zweite Staatsexamen als Baumeister ablegte. Anschließen reiste er für ein Vierteljahr in die Toskana. Danach war Klingholz bis April 1904 als Regierungsbaumeister im bautechnischen Büro des preuß­ischen Ministeriums für öffentliche Arbeiten zu Berlin zumeist mit Entwürfen von Eisenbahn-Hochbauten beschäftigt. Diese Tätigkeit wurde vom Anfang November 1893 bis Anfang Juni 1895 durch eine dreizehnmonatige Tätigkeit im Reichsdienst als stellvertreten­der Baudirektor im Kaiserlichen Gouvernement von Deutsch-Ostafrika und eine hierauf fol­gende halbjährige Studienreise durch Ostindien unterbrochen.

Im März 1902 erhielt er den Titel „Königlicher Landbauinspektor“, und im April 1905 wurde er als ordentlicher Professor an die TH Aachen berufen. Drei Jahre später folgte er einem Ruf an die TH Hannover und er nahm schließlich am 1. April 1911 einen Ruf an die TH Berlin an.

Im April 1911 heiratete er Anna Melitta Noack, die Tochter eine Berliner Möbelfabrikanten, und im April 1914 zog er mit seiner Familie, im März 1913 wurde das einzige Kind Friedrich geboren, in die von ihm entworfene Villa in der Künstlerkolonie Grunewald in Charlotten­burg-Heerstraße, Lyckalle 6 ein. Sein Partner bei vielen architektonischen Projekten, Karl Cor­nelius errichtet auf dem Nachbargrundstück ebenfalls eine Villa für seine Familie.

Trotz der Invalidität von Klingholz wurde er im März 1915 nach Eberswalde zum Militärdienst einberufen und hat in der Etappe in Russland Felddienst geleistet. Die dienstliche Beanspru­chung schädigte sein Herz-Kreislaufsystem und er wurde deshalb ein Jahr vor Kriegsende, zum Jahresende 1917, aus dem Militärdienst entlassen.

Im Juni 1914 erhielt er den Titel „Geheimer Regierungsrat“. Im Oktober 1920 erhielt er die „Würde eines Doktor-Ingenieurs ehrenhalber“ von der TH Aachen.

Aufgrund seines sehr schlechten Gesundheitszustandes wurde Klingholz nur 59 Jahre alt. Er starb am 22.01.1921 in den frühen Morgenstunden.

Soweit die Biographie:

Um Klingholz als Mensch zu charakterisieren soll hier aus einem Nachruf seines Architektenkollegen Bruno Schulz zitiert werden.

„Mit Fritz Klingholz ist ein Meister der Baukunst von uns geschieden, in welchem starke Kraft der Phantasie mit einer aus hoher Begabung und unermüdlichem Fleiß erwachsenen gleichartigen Beherrschung der Konstruktionen wie der Formen und Farben verbunden war. Er war aber auch, bei stattlicher äußerer Erscheinung, eine vorbildlich reich und harmonisch durchgebildete Persönlichkeit, die auf innerer Wahrhaftigkeit beruhend und Ernst mit Humor glücklich vereinend, von gleich feiner Empfindsamkeit für Lebens- und Umgangsformen war, wie sie seine Werke beseelt, eine Persönlichkeit voller Güte und Hilfsbereitschaft, die stets Licht und Wärme von sich ausgestrahlt hat und deren Andenken wie ein heller Stern in den Seelen aller derer fortleuchten wird, die das Glück gehabt haben, als Angehörige, Freunde, Amtsgenossen und Schüler im Leben mit ihm in näherer Verbindung zu sein.“ (Deutsche Bauzeitung, 65, S. 291, 1921).

Zeichnung Hbf 425
Die Entwürfe für die Lübschen Bahnhofsneubauten 1908 und 1912 waren natürlich nur ein kleiner Teil seines Lebenswerkes. Bereits aus der Biographie ist aber erkennbar, dass ihm Bahnhöfe ein besonderes Anliegen waren. Man sollte auch nicht vergessen, dass Bahnhöfe damals die "Kathedralen" der Architektur waren, vergleichbar heutzutage mit den internationalen Groß-Flughäfen!


Hier die Liste seiner wesentlichen Projekte im Zusammenhang mit Bahnhofsgebäuden:

1891 Hauptbahnhof Düsseldorf: Mitarbeit bis zur Fertigstellung 

1895 Stettiner Bahnhof: Mitarbeit bis 1903

1899 Hauptbahnhof Koblenz: Mitarbeit bis 1902

1900 Hauptbahnhof Essen, Mitarbeit bis 1902

190? S-Bahnhof "Ebersstraße in Berlin"
         (eingefügt 05.09.2017, H. Rhenius)

1901 Hauptbahnhof Hamburg: Der Wettbewerbsentwurf
         „Eisen“ von
Klingholz für den Hauptbahnhof Hamburg
         wurde für 1500 Mark
  angekauft.

1902 Hauptbahnhof Metz: Zweiter Platz.

1906 Hauptbahnhof Wiesbaden, Entwurf und Bauausführung

1907 Hauptbahnhof Leipzig: Zweiter Platz.

1908 Hauptbahnhof Darmstadt: Zweiter Platz

1908 Hauptbahnhof Lübeck, Entwurf und Bauausführung
           zusammen mit Willi Glogner

1912 Lübeck-Travemünde Strand, Entwurf, Bauausführung
           zusammen mit Regierungsbaurat Mühlbradt

Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass neben dem Wiesbadener Hauptbahnhof, seinem Meisterwerk, die Lübschen Bahnhöfe die Krönung seiner Schaffensperiode darstellten.

Weitere Informationen auch auf der Internetseite:

http://www.klingholz.homepage.t-online.de/