Eine kleine Sensation: Die 13 001 im Jahre 1939 in Travemünde-Hafen
Erstellt am Donnerstag, 28. April 2011
Geschrieben von Jörg Windberg
„Schließlich erinnere ich mich noch an die S5.2-Lokomotive 13 001. Das war die alte „Wupper“ der LBE, eine 2B-Zweizylinder Verbund-Naßdampf-Schnellzuglok. Diese Lok wurde oft ziemlich zweckentfremdet für den Ortsgüterzug von Lübeck nach Travemünde und zurück benutzt. Der Zug hatte nur wenige Wagen und das schaffte die alte Lok leicht. Eine Zweizylinder-Verbundlok wie die 13 001 hat während einer Umdrehung nur zwei Auspuffschläge. Das „Hasch-Bumm, Hasch-Bumm“ der Lokomotive auf der Steigung von Travemünde nach Pöppendorf habe ich noch heute in den Ohren...“
So beschrieb vor nunmehr 35 Jahren Karl-Julius Harder in der „Lokrundschau“ (Nr.48/1976) seine Begegnungen in den Jahren 1938 und 1939 mit der damals schon betagten Dame, die als einzige der alten 2B- Maschinen der LBE noch die Umzeichnung auf das Reichsbahn-Nummernsystem miterlebt hatte.
Das obige Foto von Ernst Schörner wurde kürzlich in der Sammlung von Stephan Beständig entdeckt und war bislang unveröffentlicht: Es stellt eine kleine Sensation dar, denn es gelingt damit auch der Bildbeweis, dass die Geschichte von Karl-Julius Harder nicht ausgedacht war: Ernst Schörner hat· die 13 001 im Juni 1939 fotografiert, wie sie hier unzweifelhaft an der Ladestraße im Travemünder Hafenbahnhof zu sehen ist.
Die Uhrzeit der Aufnahme ist nicht überliefert. Es könnte aber am späten Nachmittag sein, denn ein Pwgh ist an die mit der Rauchkammer Richtung Lübeck zeigende Lok gehängt, die wahrscheinlich die fertig beladenen G-Wagen am wenige Meter rechts außerhalb des Bildes befindlichen Ortsgüterschuppen abholen soll, um sich alsbald für die Rückfahrt mit Ng 8023 nach Lübeck zu rüsten.
Dieser einzige fahrplanmäßig dokumentierte Güterzug von Travemünde nach Lübeck verließ allerdings Travemünde erst nach 21:00 Uhr, aber im Sommer war es ja vielleicht lange genug hell für die Anfertigung dieser Aufnahme.
Auf jeden Fall ein einzigartiges Bilddokument aus einer Zeit, als nicht nur der Stern der LBE schon untergegangen war, sondern ein weiterer, noch fürchterlicherer Untergang kurz bevor stand, an dessen Ende nichts mehr so war wie zuvor!
Die Travemünder Ladestraße hat all diese Wirren überstanden. Selbst heute kann der Ortskundige die Stelle, an der die Aufnahme vor über 70 Jahren entstand, trotz aller Umbauten noch erahnen. Eine S 5 wird sich hier freilich nie mehr hin verirren können...
[Foto: Jörg Windberg]
Das Vergleichsbild vom März 2011 zeigt genau die Stelle, an der die 13 001 in Travemünde Hafen 1939 stand, im heutigen Zustand. Man erkennt noch die Pflasterung der alten Ladestraße. Der Schotter im Vordergrund war das Bett des alten vorderen Ladegleises, der braune Streifen hinter der Pflasterung der Ladestraße ist der Bereich des hinteren Ladegleises, auf dem etwa dort die 13 001 auf dem Foto steht.
Im Hintergrund ist die hohe Bahnsteigkante des Hausbahnsteiges zu sehen. Es ist allerdings die ursprünglich zu Gleis 1 gewandte Abschlusskante des alten Hausbahnsteiges.
Bei der Überbauung von Gleis 1 durch einen neuen Hausbahnsteig (die Züge halten heute alle auf Gleis 2) wurde diese Kante belassen und der alte Hausbahnsteig mit der zum Ladegleis gewandten Kante abgebrochen, wohl um mehr Raum für den hier eingerichteten Parkplatz zu finden. Die Höhe lässt sich aber auch heute noch gut erkennen. Und der Zaun schützt auch heute wieder Reisende gegen "Absturz", allerdings jetzt gegen einen Sturz auf den Parkplatz."